Ausgangssituation/Motivation des Projektes
Auch in Büros in Passivhaus-Bauweise können Komfortmängel auftreten, besonders im Sommer. Ursache können Fenstergrößen, Verglasungsarten, Beschattungseinrichtungen, Kühl/Heizdecken und Lüftungseinrichtungen sein, die aufeinander und auf die inneren Wärmelasten nicht genügend abgestimmt sind und so die Ziele des thermischen Komforts, eines ausreichenden Tageslichtangebots und eines passivhaustypisch niedrigen Betriebsenergiebedarfs nicht erreichen können.
Zielsetzungen des Projektes
Allgemein anwendbare Lösungen für die Probleme des Sommerfalls zu erarbeiten war das Ziel des vorliegenden Projekts. Systematische Studien zur Abstimmung der relevanten Größen waren der Inhalt des Projekts. Die Herausforderung des Sommerfalls, vor allem im Bürobau, besteht darin, den Tageslichtanteil an der Beleuchtung zu maximieren, dabei die Blendwirkungen und den Kunstlichtanteil zu minimieren, den Wärmeeintrag auf das thermisch erwünschte Maß zu reduzieren und die verbleibende Kühllast zu minimieren.
Aufbau und Methodik des Projektes
Am Beispiel von Modellräumen wurde durch eine Serie von Lichtsimulationen schrittweise die Einflüsse der Faktoren Fenstergröße und -art, in Verbindung mit verschiedenen Verglasungsqualitäten und Verschattungseinrichtungen, und weiterer relevanter Größen auf das Tageslichtangebot im Innenraum ermittelt. Das Tageslichtangebots(Simulation mit Daylight, 3D-Lighting (Rayfront), Relux) und des verbleibenden Energiebedarfs für Beleuchtung verglichen und optimiert.
Parallel wurden die Modellräume mit einer Vielzahl verschiedener Zu- und Abluftführung, Deckenkühlung und -heizung und anderen haustechnischen Varianten für Lüftung, Heizung und Kühlung ausgestattet.
Diese Varianten wurden mit einer thermischen Simulationen und nachgeschalteten dynamischen CFD-Simulationen (CFD, computer fluid dynamics) untersucht.
Die Ergebnisse werden in Form eines Handbuchs aufbereitet. PlanerInnen können diesem Leitfaden entnehmen, welche Parameterkombinationen sicher zu thermischem Komfort und ausreichender Tageslichtangebot führen werden, wann eine Absicherung durch Gebäudesimulationen anzuraten ist und welche Grenzen nicht überschritten werden dürfen, ohne Komfortdefizite zu riskieren.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen des jeweiligen Projektabschnitts
AP1: Definition von Modellräumen
Der Modellraum ist ein Gruppenbüro mit 3 (maximal 4) Arbeitsplätzen, erschlossen von einem Mittelgang. Die Maße sind 5,40 m Fassadenbreite, 5,60 Raumtiefe, 3,30 Raumhöhe (3,00 m mit abgehängter Decke.
Für die Zwecke der Lichtsimulation wurden Bandfenster mit Dreifachverglasung, sturzfrei, mit Parapet, sowie mittlere Reflexionsgrade der Inneneinrichtung als Ausgangsvariante definiert.
Für die Zwecke der thermischen Gebäudesimulation und der CFD-Simulation wurden zahlreiche haustechnische Varianten für Lüftung, Heizung und Kühlung definiert und für den Modellraum geplant.
Schlussfolgerungen: Der definierte Modellraum erwies sich als ausreichende Grundlage für die Simulationen. Weitere ins Auge gefasste Modellräume mit Belichtung aus zwei Richtungen (Eckbüro, „Chefbüro“, „Besprechungsraum“) oder die Betrachtung einer Einheit von zwei gegenüberliegenden Gruppenbüros verbunden durch einen Mittelgang, oder der verwendete Modellraum genutzt als Einzelbüro, wurden während der Planung fallengelassen, da sie keine wichtigen zusätzlichen Erkenntnisse erwarten ließen. Lediglich ein Großraumbüro, gebildet durch Vereinigung zweier gegenüberliegender Büros mit dem Mittelgang, ist für spätere Untersuchungen der Raumakustik vorgesehen, die jedoch außerhalb dieses Projekts liegen.
AP2: Thermische Gebäudesimulation und CFD-Simulation
Thermische Gebäudesimulation: Für eine Reihe von Varianten (nicht identisch mit den Varianten für die Licht- und die Strömungssimulationen) wurden Heizwärmebedarf, Kühlbedarf, Heizleistung, Kühlleistung und thermische Behaglichkeit (getrennt für Komfortstufen A und B) ermittelt.
Schlussfolgerungen
CFD-Simulationen: 14 Haustechnikvarianten, die meisten für eine Sommer- und eine Wintersituation simuliert, insgesamt 24 Simulationen, liegen vor. Sie geben detaillierte Auskünfte über die räumliche und zeitliche Verteilung und Entwicklung folgender Parameter im Modellraum: Geschwindigkeitsfeld, Temperaturverteilung (Wand-, Luft-), Luftalter, CO2-Verteilung. Dazu kommen Berechnungen abgeleiteter Größen, wie PMV, Operative Temperatur, Zugluftrisiko. Ergebnisauswertungen sind zu jeder vollen Stunde verfügbar, meist wurden zwei Zeitpunkte für die Auswertung ausgewählt.
Schlussfolgerungen: Die Simulationen decken eindrucksvoll die unterschiedlichen Wirkungsweisen der Lüftungs-, Heiz- und Kühlsysteme auf. Lokale Zugerscheinungen, lokal mangelnder Luftaustausch, Überwärmungen oder zeitliche Unterschreitungen der Solltemperaturen werden in dreidimensionalen Abbildungen des Modellraums eindrucksvoll dargestellt. Auch der Energiebedarf der untersuchten Konzepte könnte unterschiedlicher nicht sein (siehe Thermische Gebäudesimulation)
AP3: Lichtsimulationen
Definiert wurden ein Büronutzungsprofil mit Wahrscheinlichkeiten, dass in einem betrachteten Stundenintervall das Büro benutzt wird und daher Anforderungen an Tageslicht oder Beleuchtung bestehen.
Eine erste Simulationsreihe beschäftigt sich mit der möglichen Tageslichtnutzung bei verschiedenen Fenstergrößen, -positionen, -verglasungen, Graden äußerer Verschattung und Varianten der Reflexionsgrade der Innenoberflächen sowie dem Einfluss verschiedener geographischer Breitengrade.
Eine zweite Simulationsreihe ermittelte die Wirksamkeit und Eignung verschiedener Sonnenschutzeinrichtungen bei verschiedenen Fensterorientierungen, Tages- und Jahreszeiten.
Schlussfolgerungen: Eine der wesentlichen Faktoren für die Tageslichtversorgung ist durch die äußere Verschattung gegeben, die aber im urbanen Bereich in Abwägung mit Lagevorteilen häufig in Kauf genommen wird. Immerhin lassen sich durch die Untersuchungen die Einbußen an Tageslicht energetisch und monetär bemessen. Die Wirkungen von Fenstergrößen und -positionen konnten gut herausgearbeitet werden. Die Thermische Gebäudesimulation liefert dazu zusätzliche energetische Argumente.
AP4 Untersuchung einzelner Fälle
Die Resultate dieses Arbeitspakets betreffen Lichtsimulationen und thermische Gebäudesimulationen und werden bei den entsprechenden Arbeitspaketen besprochen.
AP5 Projektmanagement und Ergebnisaufbereitung als Handbuch
Das Projektmanagement führte die Kick-Off-Veranstaltung durch, überarbeitete mit dem Team die Planung auch im Hinblick auf die Anforderungen der Jury, erarbeitete die Leistungsverzeichnisse und Werkverträge für die Drittleistungen, koordinierte das Team, kommunizierte mit der FFG und mit dem IBO-Vorstand. Mit dem Zwischenbericht, und einer umfangreichen schriftlichen und mündlichen Präsentation des Projekts beim BauZ!-Kongress 2011 in Wien wurde das Interesse des Fachpublikums geweckt.
Die Ergebnisaufbereitung als Handbuch wurde mit Vorarbeiten begonnen, die in diesem Endbericht vorliegen. Dieses Handbuch beleuchtet die Bedingungen für Tageslichtnutzung, thermischen Komfort und Innenraumluftqualität in Gebäuden, die als Büro genutzt werden. Der energetische Aufwand für die Herstellung der Komfortbedingungen, insbesondere der Primärenergiebedarf, sollen dabei minimiert werden. Sowohl der thermische Komfort als auch die Minimierung des Primärnergieaufwands werden durch den Passivhausstandard begünstigt. Daher setzen wir die Einhaltung dieses Baustandards bei unseren Modellräumen voraus. Auch die Bedingungen für gute Innenraumluftqualität, wegen der obligatorischen mechanischen Lüftung, und die Möglichkeit guter Tageslichtnutzung, wegen des niedrigen Wärmedurchgangs der Verglasung, werden durch den Passivhausstandard erleichtert. Dennoch genügt es nicht, Passivhauskriterien einzuhalten, um umfassenden Komfort in Bürogebäuden zu gewährleisten. Das liegt an den Besonderheiten der Büronutzung. Im Vergleich zu Wohnnutzungen sind die Belegungsdichten in Büros in aller Regel höher. Personen belasten die Innenraumluft mit Wärme und Kohlenstoffdioxid; Bürogeräte verbrauchen Strom, geben Wärme ab, manche auch Ozon. Dies vermindert den Heizenergiebedarf, schafft aber, auch in nördlicheren Breiten, Kühlbedarf und erhöhten Lüftungsbedarf. Erhöhte Luftaustauschraten bewirken im Winter sehr niedrige Luftfeuchten. In Büros werden hohe Anforderungen an den thermischen Komfort, an die Versorgung mit Tageslicht und an eine Sichtverbindung ins Freie an jedem Arbeitsplatz gestellt. Denn BüronutzerInnen sind weniger mobil, als WohnungsnutzerInnen. Sie können sich nicht ein passendes Plätzchen suchen. Ganzverglasung ist Architekturmode, aber der hohe Tageslichtbedarf benötigt jedenfalls großzügige Fensterflächen und nicht allzu große Raumtiefen und Trakttiefen. Tageslicht muss außerdem blendfrei zur Verfügung gestellt werden. Schließlich muss der Wärmeeintrag durch direktes Sonnenlicht begrenzt werden, vor allem im Sommer. Ungeeignete Sonnenschutzeinrichtungen schließen mit mit dem direkten blendenden Sonnenlicht gleich auch das Tageslicht aus, das dann durch Kunstlicht ersetzt werden muss. Zusätzlicher Stromverbrauch, Wärmeeintrag und Komfortminderung sind der Preis. Mit unserer vorliegenden Studie legen wir Simulationsergebnisse an Modellräumen vor, die
1. optimale Bedingungen für Tageslichtnutzung, Sonnenschutz und verbleibenden Kunstlichtbedarf mittels Tageslichtsimulation bestimmen;
2. die Wirkungsweise von Haustechnikkomponenten für Frischluft-, Wärme- und Kältezufuhr mittels dynamischer Strömungssimulation zeigen
3. die Gesamtheit der Energieströme im Modellraum unter allen relevanten Betriebszuständen mittels thermischer Gebäudesimulation aufzeigen.