Unsere Ansprüche sind gestiegen, an alles. Angenehm temperierte Räume, Licht und Luft, akustischer Komfort sind heute selbstverständlich in unseren Innenräumen, dort wo wir arbeiten, uns bewegen (lassen) oder unsere Freizeit verbringen. Womit dieser Komfort erreicht wird, danach fragen die wenigsten. Wer in das Thema Dämmstoffe eintaucht, wird bald feststellen: Auch hier ist die Vielfalt groß und Qualitäten nicht immer sofort sichtbar oder erfassbar. Jeder Baustoff hat seine Eigenschaften, die sich am richtigen Ort entfalten sollen. Für die erdberührende Sockeldämmung braucht es anderes als für die Trockenbauzwischenwand. Bei der Verfüllung von Hohlräumen spielen Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ihre Stärken aus. Energiearm in der Herstellung, freundlich in der Verarbeitung, unproblematisch in der Entsorgung. Wie zum Beispiel die Schafwolle. Weil in Österreich Schafe vor allem für den Verzehr gehalten werden, ist die Wolle ein Nebenprodukt. Schafwollkleidung wird kaum mehr getragen, denn in der Textilindustrie haben sich andere Fasern etabliert und dicke Pullover sind in Gebäuden, in denen alle Räume geheizt werden, selten geworden.
Was spricht dagegen, die sowieso vorhandene Wolle für die Dämmung zu verwenden? Die Motten – das ist der nächste Gedanke. Tatsächlich lieben Motten die Schafwolle, zumindest die gewaschene, wie sie für Bauzwecke eingesetzt wird. Mittel sie zu vertreiben gibt es. Was im Supermarkt gegen Gelsen zu kaufen ist und wir uns auf Haut und Kleidung sprühen, wirkt auch gegen Motten, aber ist in Bauprodukten längst verpönt, wenn auch nicht verboten. Gut, dass es auch andere Methoden gibt, den Fraß zu verhindern. Wie den von natureplus geprüften Schafwolledämmstoff der technisch bewiesenermaßen ein gutes Produkt, und dank modifizierter Eiweißverbindungen auch ohne Zusatzstoffe mottenfrei und normal entflammbar ist. Schlecht, dass es Schafwollprodukte gibt, für die zum Beispiel Quecksilber eingesetzt wird ( siehe Öko-Test August 2017 [1]).
Für die einfache Verarbeitung und die gefahrlose Nutzung werden Bauprodukten vielfach Mittel zugesetzt, die für die Entsorgung nicht immer unbedenklich sind. Prominentes Beispiel dafür sind die Flammschutzmittel. Sie werden eingesetzt, damit Dämmstoffe wie EPS (expandiertes Polystyrol, oft als Styropor bezeichnet) oder Zelluloseflocken und andere nicht so leicht in Brand geraten. Das mittlerweile in der EU weitestgehend nicht mehr verwendete HBCD wurde viele Jahre lang als Flammschutzmittel verwendet und muss bei der Entsorgung unschädlich gemacht werden. Über Recycling und Entsorgung wird beim Kauf meistens nicht gesprochen. Selbst wer Experte ist, muss genau schauen und fragen, ob die Marketingabteilung bei dem einen oder anderen Produkt nicht etwas übers Ziel schießt und weniger romantische Details lieber verschweigt.
Welche Kriterien für welche Einsatzgebiete oder Produktgruppen vernünftig oder entbehrlich sind, ist immer auch Ergebnis eines Diskussionsprozesses zwischen Industrie, Verbraucherschutz, Anwendern und Handel. Die Kriterien, die beim Vergleich von Dach-Dämmstoffen in der August-Ausgabe der Zeitschrift ÖKO-TEST überprüft wurden, hinterfragt Thomas Schmitz von nature plus jedenfalls recht kritisch. [2]
Aus Sicht des IBO müssen Produkte so weit wie möglich unbedenklich in Herstellung, Gebrauch und Entsorgung sein. Und die Prüfbedingungen zur Beurteilung müssen offengelegt sein. Umweltzeichen wie etwa das Österreichische Umweltzeichen, der deutsche Blaue Engel und natureplus geben da eine gute Orientierung.
PS: Weitere geprüfte Produkte sind auf http://www.natureplus-database.org/ zu finden, noch mehr Informationen auf baubook der Plattform für ökologische Bauprodukte.