Das ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg) und natureplus bewerteten die gängigsten Dämmstoffe insbesondere im Hinblick auf mögliche zukünftige Entsorgungswege der Dämmstoffe (von der „Wiege bis zur Bahre“) im Projekt „Ganzheitliche Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen“
Die 182 Seiten beinhalten sehr differenzierte Vergleiche, in Summe zeigen sich Vorteile für die nicht-plattenförmigen Dämmstoffe aus erneuerbaren Rohstoffen, unter der Voraussetzung, dass genügend Restbiomasse vorhanden ist. Die ökologischen Rucksäcke insbesondere von synthetischen und manchen mineralischen Dämmstoffen könnten dann deutlich reduziert werden, wenn es gelänge, die am Ende des Produktlebensweges anfallenden Abfallmassen gezielt aufzubereiten und hochwertig in den Materialkreislauf zurückzuführen. Weil das aber derzeit kaum der Fall ist und viele aufgezeigte Entsorgungswege längst nicht in der Praxis etabliert sind, wird empfohlen, die stoffliche Verwertung von Dämmstoffen weiter zu erforschen und voranzutreiben.
Recycling oder Verbrennen?
Es zeigt sich, dass die stoffliche Verwertung in vielen Fällen gut abschneidet, auch wenn bei vielen Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen die energetische Verwertung in Zementwerken im Treibhauseffekt noch besser abschneidet. Dies ist alleine dem Sachverhalt geschuldet, dass in Zementwerken stattdessen Steinkohle verfeuert würde.
Die aufbereiteten Altmassen aus synthetischen, aber auch mineralischen Dämmstoffen können zu Produkten weiterverarbeitet oder auch als Rohstoff in die ursprüngliche Produktion zurückgeführt werden. Um die damit verbundenen Substitutionserfolge quantifizieren zu können, mussten die eigentlichen Produktionssysteme im Detail nachvollzogen werden. Daten und Informationen dazu wurden vom IBO Wien übernommen, aus Publikationen herausgearbeitet oder im Austausch mit der Industrie bzw. den Verbänden erarbeitet. Dann wurden die Produktionslasten und Entsorgungswege im Zuge einer Produktökobilanz berechnet.
Was bedeutet es, wenn die Dämmstoffe bestmöglich entsorgt würden?
Wenn eine von der derzeit üblichen Entsorgung abweichende stoffliche Verwertung der Dämmstoffe am Lebensende erfolgt, ergibt sich Folgendes:
- Für die Bauteile, in denen alle Dämmstofftypen eingesetzt werden können, schneiden Holzfasereinblasdämmung und Hanf-sowie Jutematten am besten ab, solange Hanf-und Jutematten aus Restbiomasse bzw. sekundären Rohstoffen hergestellt werden. Darauf folgen Zelluloseeinblasdämmstoff, EPS-Platten und Holzmatten, dann die weiteren Dämmstoffe in Platten-und Mattenform (PU-, XPS-Platten, trocken produzierte Holzfaserdämmplatten, Mineralfaserplatten(Steinwolle), Glaswollematten, Mineralschaumplatten).
- In den Bauteilen, in denen nur Dämmstoff -Platten eingesetzt werden können, schneidet EPS damit am vorteilhaftesten ab, gefolgt von den weiteren o.g. Dämmstoffen in Plattenform. Voraussetzung dafür ist, dass EPS derart stofflich verwertet wird, dass in einer Folgeanwendung EPS-Kügelchen eingespart werden und dass EPS im Bauteil eingesetzt werden kann. Ein Recycling von EPS-Dämmstoffplatten ist allerdings derzeit und auch in den nächsten Jahren wegen des mittlerweile verbotenen Inhaltsstoffes HBCD und mangelhafter Wirtschaftlichkeit der Reinigung verschmutzer EPS-Abfälle bei hohen spezifischen Transportkosten, vermutlich nicht im großen Maßstab möglich.
Nicht berücksichtigt werden dabei in dieser, auf der Methode der Ökobilanzen beruhenden, Studie z.B. die Problematik der halogenhaltigen Flammschutzmittel und deren Aufwand zur Entsorgung oder Wiedergewinnung, die Auswirkungen von Mikroplastik. Manche Industrievertreter könnten in Versuchung geraten, Ergebnisse der Studie aus dem Zusammenhang zu reißen.
Was stoffliche Verwertung bewirken würde
Durch stoffliche Verwertung anstatt von Verbrennung können die ökologischen Aufwände besonders von synthetischen und teilweise auch von mineralischen Dämmstoffen gemindert werden. Die Ergebnisse zur stofflichen Verwertung sind aber mit Unsicherheiten verbunden, weil viele Annahmen zum dadurch erzielbaren Nutzen getroffen werden mussten. In Summe zeigen sich Vorteile für die nicht-plattenförmigen Dämmstoffe aus erneuerbaren Rohstoffen, wenn genügend Restbiomasse vorhanden ist. Leichte Vorteile ergeben sich auch für EPS-Platten, falls diese im Bauteil eingesetzt werden können, und in manchen Bauteilen für trocken produzierte Holzfaserdämmplatten. Diese leichten Vorteile hängen aber davon ab, ob eine stoffliche Verwertung aller Dämmstoffe stattfindet (dann keine Vorteile für trocken produzierte Holzfaserdämmplatten) oder eine Entsorgung wie im Status Quo erfolgt (leichte Vorteile für EPS-Platten werden dann noch kleiner) und ob der energetische Nutzen aus der Beseitigung in der MVA angerechnet wird (ohne Anrechnung kaum noch Vorteile für EPS-Platten, keine Vorteile für trocken produzierte Holzfaserdämmplatten). Die Produktionslasten werden konservativ über aktuell schlechtere Fälle abgebildet. Mit anderen Produktionsdaten und anderen Produktionsstandorten können insbesondere für energieintensive Prozesse andere Ergebnisse herauskommen. Für Dämmstoffe aus sekundären Rohstoffen und Restbiomassen würde die Bewertung dann schlechter ausfallen, wenn diese Rohstoffe nicht zur Verfügung stünden.
Das Projekt „Ganzheitliche Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen“ wurde durch die deutsche Bundesstiftung Umwelt (AZ 34426_01) und das Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert.
Die Studie wurde im Februar 2020 beim BauZ!, dem Wiener Kongress für zukunftsfähiges Bauen vorgestellt und ist auf der Seite von natureplus downloadbar.