Mit der Vorstellung des neuen Kriterienkatalogs von TQB im September 2024 wurde der Reigen der Aktualisierungen für die harmonisierten ÖGNB-Gebäudezertifizierungen eröffnet. Die Kriterien sind an aktuelle Gesetze und an die neue OIB-Richtlinie angepasst, zu 100 Prozent kompatibel mit klimaaktiv und berücksichtigen das LEVELS-System der EU. Als erstes Gebäudebewertungssystem in Österreich wurden im neuen ÖGNB-Kriterienkatalog die Anforderungen der EU-Taxonomie direkt eingearbeitet.
Die Gebäudezertifizierung TQBuilding wurde 1998 entwickelt, es folgten der IBO-Ökopass und 2004 klimaaktiv. Verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte werden in 1000-Punke-Systemen schon in der Planung berücksichtigt, Energieeffizienz in der Nutzung, aber auch Schadstoffvermeidung, gute Innenraumluft und thermische Behaglichkeit werden auch in der Ausführung überprüft. Für die Bewertung wurden eigene Tools basierend auf robusten Datensätzen angepasst an nationale Regularien entwickelt. Mittlerweile wurde jedoch im Green Deal der EU der Begriff Nachhaltigkeit neu ausformuliert. Alle wirtschaftlichen Tätigkeiten sollen nunmehr zur Erreichung von 6 Umweltzielen beitragen beziehungsweise diesen keinen Schaden zufügen. Diese grundsätzliche Festlegung findet ihren Niederschlag in den EU-Verordnungen wie etwa der EU-Taxonomie, aber auch in der aktualisierten Bauproduktenverordnung und auch Gebäudebewertungssysteme nehmen Schwerpunkte wie etwa Kreislaufwirtschaft und Biodiversität auf. Wie sechs der bekanntesten internationalen und nationalen Systeme – LEED, BREEAM, DGNB, klimaaktiv, TQB und IBO ÖKOPASS die von der EU bisher ausgearbeiteten Vorgaben abbilden, zeigt die FH-Campus Studentin Michelle Niedermayer in ihrer Bachelorarbeit.
In einer Momentaufnahme Stand Juni 2024 zeigt sie uns sehr deutlich: Unterschiedliche Berechnungsgrundlagen und Bewertungsmethoden, wie sie in den untersuchten Zertifizierungssystemen zu finden sind, erschweren die Vergleichbarkeit und Konsistenz der Nachhaltigkeitsbewertungen. Dass Nachhaltigkeit nun auch finanzielle Vorteile bringt, ist die Mühe der Harmonisierung und der umfassenden Dokumentation wert. Die Hoffnung ist groß, dass derzeit schwache Anforderungen in den geplanten Revisionen straffer angezogen werden.
Offen ist noch, wer all das sinnvoll prüfen kann. Der derzeitige Fokus auf Wirtschaftsprüfer lässt außer Acht, dass für die Beurteilung nachhaltiger Bauweisen profundes Sachwissen nötig ist. Der TÜV-Verband hat im September 24 einen offenen Markt für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland gefordert, das sollte auch für die Prüfung der EU-Taxonomie gelten.
Doch der Markt ist spürbar in Bewegung und der Nachhaltigkeit wird deutlich mehr Platz eingeräumt als je zuvor.
Der aktualisierte Kriterienkatalog ist ab sofort online auf den Plattformen der ÖGNB und von aspern monitor verfügbar. In einem Webinar am 16. Oktober 2024 werden die Neuerungen detaillierter präsentiert.