Konstruktionen mit nachwachsenden Rohstoffen wie strohgedämmten Holzständerwänden oder Massivholzkonstruktionen interessieren die StudentInnen am meisten.
Nachhaltigkeit wird jedoch nicht allein durch die Wahl ökologischer Baustoffe realisiert. Wesentlich ist in erster Linie die Planung und Umsetzung dauerhaft schadensfreier Konstruktionen, so dass die Baustoffe ihre Funktion – sei es Lastabtragung, Wärmeschutz, Luftdichtheit, Feuchteschutz – über eine möglichst lange Zeit, im Idealfall über die gesamte Nutzungsdauer hinweg erfüllen und auch danach noch einer weiteren hochwertigen Verwertung zugeführt werden können.
Der Beurteilung der dauerhaften Gebrauchstauglichkeit kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Es ist naheliegend die geplanten Konstruktionen über eine stationäre Betrachtung hinaus im zeitlichen Verlauf – unter ‚realen‘ (Klima-)Randbedingungen – zu betrachten.
Insbesondere die Anschlüsse von Wand, Boden oder Decke gilt es detailliert zu betrachten. Warum eine stationäre – insbesondere vereinfachte, eindimensionale – Betrachtung oft nicht ausreicht – wird am nachfolgenden Beispiel deutlich. Anhand der Ergebnisse der durchgeführten Simulationsberechnungen wird die Auswirkung eines kritischen Feuchteeintrags über Flankendiffusion und das resultierende Schadensrisiko aufgezeigt.
Beim untersuchten Detail (Abbildung 1) handelt es sich um eine typische Trockenbau-Ständerwand, mit Mineralwolle ausgedämmt, über einer Garage (Stahlbetondecke), wobei die Wärmedämmung des Bodenaufbaus aus verschiedenen Gründen oberhalb der Betonplatte – in Kombination mit einer entsprechenden Dampfbremse – ausgeführt wird. Sowohl die Innenwand – ohne thermische Anforderungen, wie auch der Bodenaufbau sind für sich betrachtet bauphysikalisch geeignet. Auch eine zweidimensionale Wärmebrückenberechnung gibt keinerlei Hinweis für ein mögliches Schadensrisiko.
Anmerkung 1: Sofern im Wärmebrückenprogramm neben den Wärmeleitfähigkeiten der Baustoffe auch deren Diffusionswiderstände eingegeben werden können und im Wärmebrücken-Programm – wie bei antherm – neben der Lösung der Wärmetransportgleichungen auch die Möglichkeit der Lösung der Dampfdiffusionsgleichungen besteht, kann bereits auch stationär – allerdings über einige Zwischenschritte in der Darstellungsaufbereitung – ein Kondensatrisiko aufgezeigt werden. Wieviel Kondensat jedoch ausfällt, über welchen Zeitraum und ob es wieder austrocknet, kann damit aber nicht ohne weiteres beantwortet werden.
Wird die Konstruktion nun im Zeitverlauf analysiert – d.h. Auffeuchtungs- und Trocknungseffekte unter ‚realen‘ Klimarandbedingungen und unter Berücksichtigung der materialspezifischen Speicher- und Transportmechanismen über mehrere Jahre hinweg betrachtet, so zeigt sich wie in Abbildung 5 dargestellt, eine auf Flankendiffusion über die Ständerwand zurückzuführende Feuchteakkumulation am Fußpunkt der Ständerwand. Dies führt – dauern die kritischen Feuchtezustände zu lange an – zu einem Schimmelpilzwachstum (Abbildung 3) an der Gipskarton bzw. Gipsfaserplatte und resultiert in einem (gut) verdeckten – weil nicht sofort ersichtlichen, und nicht unbedingt naheliegenden, aber oft großflächigen – Schimmelschaden.
Anmerkung 2: Baurestfeuchte aus der Stahlbetondecke als Ursache für die Feuchteakkumulation kann durch die horizontal aufgebrachte Feuchtigkeitsabdichtung ausgeschlossen werden. Feuchteeintrag aus Schüttung oder Estrich kann durch die im Boden verlegte Dampfsperre und deren Hochzug ausgeschlossen werden.
Mit dem Verständnis über das Konstruktionsverhalten entwickeln die StudentInnen ein Gespür für die richtige Materialwahl. Abhängig von den klimatischen und projektspezifischen Randbedingungen werden Baustoffe – als wertvolle Ressource – je nach Anwendungsfall optimal eingesetzt. Darüber hinaus wird das Risiko von Bauschäden und damit einhergehenden gesundheitlichen Belastungen deutlich reduziert. Ist es bereits zu einem Schaden gekommen so können geeignete Sanierungsempfehlungen ausgesprochen werden.
Die Simulationen ermöglichen, wiewohl am Schreibtisch ausgeführt, praxisnahes Erkennen möglicher Fehlerquellen in den Anschlüssen. Wenn so Bauschäden verhindert werden können und Gebäude langlebiger werden, freuen sich alle: Bauherren, Planende und die Umwelt.