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Katalog kreislauffähiger Holzbauteile
Forschungsbericht des IBO und der Holzforschung Austria

Im Auftrag des Fachverbands der Holzindustrie Österreich wurden Konstruktionen in Holzmassiv- und Holzrahmenbauweise entwickelt und bewertet, die kreislaufgerechtes Bauen wesentlich unterstützen. Zusätzlich zur Klassifizierung nach gängigen Standards in Brand- und Schallschutz sowie ökologischer Bewertung, wurde das Rückbau- und Zirkularitätspotenzial mit dem BNB Zirkularitäts-Index beurteilt.

ForschungBaustoffe, Bauteile

Ressourcenschonung setzt die Wiederverwendbarkeit eingebauter Materialien und Bauteile nach deren Nutzung voraus. Leichter, weitgehend zerstörungsfreier Rückbau und die Gewinnung sortenreiner Wertstoffe (möglichst ohne Fremd- und Störstoffverunreinigungen) sind Voraus­setzungen für einen kreislauffähigen Gebäudesektor. Der Katalog von kreislauffähigen Holzbauteilen ist eine Sammlung von konstruktiven Lösungen mit besonderem Fokus auf die spezifischen Anforderungen, die eine Forcierung der zukünftigen Kreislaufführung von heute verbauten Baustoffen im Bauwesen mit sich bringen.

Generell steht die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft im Hochbau derzeit noch am Anfang, und kreislauffähige Bauteile stellen noch eine Seltenheit dar. Ein derartiges Vorhaben kann daher nur eine Momentaufnahme sein, die den aktuellen Stand der Technik und der Diskussion zu einer notwendigen Entwicklung hin zu einer kreislauffähigen und ökologischen und damit auch nachhaltigeren Bauindustrie wiedergibt.

Im vorliegenden Katalog wurden in einem ersten Schritt die Bauteile bauökologisch optimiert, das heißt auf den Einsatz energieintensiver und mit hohem ökologischem Aufwand hergestellter Materialien verzichtet und umweltfreundlicheren und natürlicheren Baustoffen wie u.a. Holz, Schafwolle, Stroh oder Lehm der Vorzug gegeben. In einem zweiten Optimierungsschritt wurden Baustoffe mit hohem Zirkularitätspotenzial oder Sekundärrohstoffanteil vorgeschlagen und auf eine weitgehende Reduktion von Kunst- sowie Verbundstoffen Wert gelegt.

Fokus Kreislaufwirtschaft

Die Besonderheit dieses Kataloges gegenüber den üblichen Bauteilsammlungen mit entsprechen­den bauphysikalischen Kennwerten, liegt am Fokus auf der Kreislauffähigkeit. Diese wurde mittels der Methodik des BNB Zirkularitäts-Index bewertet, ein Verfahren, das vom IBO für das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) im Auftrag des deutschen Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) entwickelt wurde. Eingestuft werden dabei das Rückbau­potenzial eingesetzter Baustoffe, die Materialverträglichkeit von nicht trennbaren Baustoff­kombinationen oder Materialverbünden und das Zirkularitätspotenzial der rückgebauten Baustoffe am Ende des Lebens­zyklus.

Die zusätzliche ökologische Bewertung der Bauteile in Anlehnung an ÖNORM EN 15978 [2] ergänzt die Zirkularitätseinstufung durch das IBO. Die Bilanzierung wurde für die Lebenszyklusphasen A1-A3 (Herstellung, „cradle to gate“) durchgeführt. Indirekt wird damit auch der Sekundärrohstoffanteil der Pre-Use Phase mitabgebildet. Darüber hinaus wurde durch das IBO der Wärmeschutz der Konstruktionen berechnet sowie deren Feuchteverhalten untersucht und beurteilt. Weitere wesentliche Parameter wie Schall- und Brandschutz wurden durch die Holzforschung Austria beurteilt bzw. klassifiziert, was eine wesentliche Voraussetzung für die baurechtliche Nachweiserbringung speziell in den Gebäude­klassen GK3 und GK4 darstellt und erforderlich ist, um die Bauteile in Datenbanken wie dataholz.eu und baubook.info ganzheitlich aufnehmen zu können.

Auswahlkriterien für die Bauteile

Die Konstruktionen wurden hinsichtlich ihrer bauphysikalischen Eignung, ökologischen Vorteilhaftigkeit und Kreislauffähigkeit durch das IBO geprüft, weiterentwickelt und mit der Holzforschung Austria hinsichtlich Schall- und Brandschutz abgestimmt. Im Zuge der Bearbeitung wurden sie in Rückkopplungsschleifen nach den verschiedenen Kriterien bewertet und entsprechend adaptiert, bis die beste Lösung für die Bauteilaufgabe gefunden wurde. Oftmals sind Kompromisse zwischen den zahlreichen Anforderungen (wie Schallschutz, Brandschutz, Funktionalität, Ökologie etc.) erforderlich.

Zentrales Thema Verbindungsmittel

Von der Vielzahl an Verbindungsmittel oder Fügungen wurden jene angesetzt, die einen möglichst zerstörungsfreien oder zerstörungsarmen Rückbau der gefügten Baustoffe ermöglichen, wobei dies nicht für alle Verbindungen (insbesondere bei statisch relevanten oder bei hohen Anforderungen, wie z.B. bei Windsogwirkung) möglich ist. Die Beurteilung der Verbindungen erfolgte sowohl auf Bauteilschichtebene als auch auf Ebene der Fügungen der Bauteile oder Bauelemente zueinander. Der weitgehend zerstörungs­freie Rückbau ist eines der entscheidenden Kriterien für kreislaufgerechte Holzkonstruktionen mit hohem Wiederverwendungspotenzial.

Beispiele für untersuchte Konstruktionen: Innendecken

Für Wohnungstrenndecken in GK3 und GK4 wurden Massivholzdecken mit ungebundenen Schüttungen (z.B. „gefasste“ Kalksplittschüttungen zwischen Kanthölzern mit Überdeckung oder Schüttungen in Pappwaben) in Kombination mit Fließ- oder Trockenestrichen näher untersucht. Gebundene Schüttungen (z.B. latexgebundene) wurden aus Zirkularitätsgründen nicht in den Bauteilvergleich miteinbezogen. Fließheizestriche haben aus Kreislaufwirtschaftsperspektive im Vergleich zu vielen Trockenestrichvarianten wesentliche Nachteile: die im Estrich eingegossenen Fußbodenheizrohre weisen eine geringere Nutzungsdauer als der Estrich auf, können aber nicht ohne Zerstörung der Estrichschicht getauscht werden. Sie stellen umgekehrt für die Verwertung des Estrichs einen beeinträchtigenden Störstoff dar.

Für Innendecken der GK1, die keine spezifischen Luft-und Trittschallschutzanforderungen erfüllen müssen, wurden die Kalksplittschüttungen entweder durch granulierte Lehmschüttungen oder durch Lehmsteine ersetzt. Bei einzelnen GK1 Decken (Brettstapeldecke, Holzbalkendecke) ersetzt eine zusätzliche, durch eine Trittschalldämmung entkoppelte Lehmschüttung zwischen Kanthölzern auch die normalerweise vorhandene Heizestrichebene. Dadurch kann bei der Rückbau­einstufung Klasse I/II erreicht werden, beim Zirkularitätspotenzial mit Wiederverwendungs-Szenario zum Teil sogar die beste Klasse A. Dabei muss festgehalten werden, dass mit diesen Aufbauten keine Funktions­äquivalenz zu den Wohnungstrenndecken der GK3 und GK4 gegeben ist und grundsätzlich auch mit einer reduzierten Wärmeverteilkapazität durch die Lehmschüttung im Vergleich zu Estrichen (und damit mit Abschlägen bei der Energieeffizienz) gerechnet werden muss.

Die in diesem Katalog angeführten Bauteile sind demnächst auf der Plattform baubook.info verfügbar, schon jetzt finden sich die meisten Bauteile für GK3 und GK4 auf dataholz.eu.

Der Katalog kreislauffähiger Holzbauteile ist hier downloadbar.

Autor:innen:

IBO : Franz Dolezal, Maria Fellner
unter Mitarbeit von Ines Mayer, Ute Muñoz-Czerny
HFA : Sylvia Polleres, Philipp Trimmel, Christian Lux

Literatur

[1] Figl, H., Fellner, M., Fortentwicklung und Evaluierung des BNB-Kriteriensteckbriefs 4.1.4 Rückbau, Trennung, Verwertung: Endbericht, Forschungsprojekt im Rahmen von Zukunft Bau im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Endbericht 2024.
[2] ÖNORM EN 15978:2012 Nachhaltigkeit von Bauwerken - Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden – Berechnungsmethode. Österreichisches Normungsinstitut, Wien.

 

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