Mit diesen Worten umreißt das WTA Merkblatt 6-18 Bauthermografie im Bestand, in dem die Messverfahren der Infraotthermografie erläutert werden, das Thema treffend. Die Untersuchungs- und Visualisierungsmethoden zur Analyse verschiedener bauphysikalischer Prozesse (Wärmebrücken, Feuchtigkeit, Schimmelpilzbildung, Luftdichtheit etc.) werden im Merkblatt aufgezeigt und beschrieben. Wie die Thermografie in der Praxis bei der Beurteilung von Schimmelpilzschäden unterstützt und wie daraus die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung erneuter Schimmelbildung abgeleitet werden können zeigt dieser Beitrag.
Eine Infrarotkamera misst die ins Objektiv eindringende – von der Bauteiloberfläche abgegebene – Strahlung und errechnet daraus die Oberflächentemperatur. Das daraus entstehende Wärmebild zeigt sehr anschaulich die Temperaturverteilung des betrachteten Bereichs bzw. der betrachteten Bauteiloberflächen, welche bereits eine erste Einschätzungen hinsichtlich Wärme- und Feuchteschutz erlaubt.
Ob es in Ecken und Kanten, hinter Kästen und Betten aber zu Schimmelbildung kommen kann, steht damit aber noch nicht fest. Um eine Aussage treffen zu können sind neben der Wärmebildaufnahme auch die klimatischen Randbedingungen zu erfassen. Einen wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung hat natürlich die Außenlufttemperatur, da bei -5 °C die Bauteiloberfläche vermutlich etwas kühler sein wird, als bei einer Außenlufttemperatur von +5 °C. Darüber hinaus ist für die Beurteilung des Schimmelrisikos besonders das Innenraumklima relevant, also Raumlufttemperatur und Raumluftfeuchte. Dieses ergibt sich aus dem Heizungs- und Lüftungsverhalten und den im Raum befindlichen Feuchtequellen (z.B. wie viele Personen im Raum sind, wie viel gekocht wird, wie viel Wäsche trocknen muss,..).
Da kommt es schnell mal zu Raumluftfeuchten von 60 % rel. Feuchte und mehr – besonders in Schlaf- und Kinderzimmern oder natürlich im Badezimmer. Ob es dann aber in den meist besonders kritischen Kanten und Ecken oder hinter Kästen zu Schimmelbildung kommt kann anhand der Wärmebildaufnahme beurteilt werden. Vereinfacht gilt, dass ab 75 % relativer Luftfeuchte an Bauteiloberflächen Schimmelbildung möglich ist, je nach Dauer und Höhe der Luftfeuchte etwas langsamer oder schneller. Weiter, dass kältere Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als wärmere Luft, was dazu führt dass an kalten Bauteiloberflächen die relative Feuchte höher ist als an warmen Oberflächen, wie anhand des folgenden Beispiels gezeigt wird.
Zum Zeitpunkt der Wärmebildmessung betrug die Lufttemperatur im Raum 21,3 °C bei einer relativen Luftfeuchte von 56,2 %. Die Kennwerte entsprechen damit etwa den Norminnenraumklimabedingungen. Die Außentemperatur zum Zeitpunkt der Messungen betrug -4,8 °C. Damit kommt es bei Oberflächentemperaturen von unter 12,22 °C an den raumseitigen Oberflächen zu Kondensatbildung. Kritische Feuchtezustände, bei denen Schimmelwachstum möglich ist, stellen sich allerdings, wie oberhalb erwähnt, bereits bei relativen Luftfeuchten von über 75 % (an der raumseitigen Oberfläche) ein. Was bedeutet, dass Schimmelwachstum bereits stattfindet bevor Kondensat ausfällt.
Die mit der Wärmebildkamera erfassten Oberflächentemperaturen zeigt Abbildung 1. Die Oberflächentemperatur in der Raumecke oben beträgt 9,2 °C, in der Raumkante Wohnungstrennwand – Decke 11,0 °C, in der Kante Außenwand – Decke 12,9 °C und an der Decke 16,8 °C.
Aus der gemessen Raumlufttemperatur und der gemessenen Raumluftfeuchte wird der absolute Feuchtegehalt der Luft ermittelt. Da in der Raumluft annähernd von einer gleichmäßigen Verteilung der absoluten Feuchte ausgegangen werden darf, kann anhand der mittels Thermografie ermittelten Oberflächentemperaturen (Abbildung 1) nun die relative Feuchte an den Bauteiloberflächen berechnet werden. Bei den gemessenen Raumklimadaten und Oberflächentemperaturen ergeben sich, daraus die in Abbildung 2 berechneten und im hx-Diagramm (Abbildung 3) dargestellten Feuchtezustände.
Anhand der Berechnung (Abbildung 2) und des Diagramms (Abbildung 3) ist nun die Beurteilung des Risikos möglicher Schimmelbildung möglich. Es zeigt, dass es in den Raumecken unter den vorherrschenden Randbedingungen und den sich daraus ergebenden gemessenen Temperatur- und den daraus ermittelten Feuchtezuständen zu Kondensatbildung und zu Schimmelwachstum kommt. In den Raumkanten kommt es zwar nicht zu Kondensatbildung, aber trotzdem zu Schimmelbildung. An der Deckenunterseite hingegen kommt es nicht zu Schimmelwachstum.
Zur Behebung der Schadensursache bzw. als präventive Maßnahmen zur Vermeidung erneuter Schimmelpilz-Bildung können nun beispielsweise folgende Maßnahmen empfohlen werden.
Mittels Luftentfeuchter können kritische, zu Schimmel führende Feuchtezustände an Bauteiloberflächen bei einer maximalen Feuchtigkeit der Raumluft von 45 % relative Feuchte bis zu Außentemperaturen von 0 °C vermieden werden. Bei darunter liegenden Außenlufttemperaturen kommt es selbst bei einer auf 45 % rel. Feuchte begrenzten maximalen Raumluftfeuchte zu Schimmelbildung in Ecken und Kanten (Abbildung 4). Um auch bei diesen Temperaturen Schimmelbildung zu vermeiden, aber auch um bei kurzzeitig höheren Raumluftfeuchten Schimmelbildung ausschließen zu können, wird die Applikation einer Innendämmung in den kritischen Bereichen empfohlen (Abbildung 5).
In der hier beschriebenen Wohnung darf jedenfalls davon ausgegangen werden, dass mit den vorgeschlagenen Maßnahmen das Risiko von Schimmelbildung deutlich reduziert bzw. ganz ausgeschlossen wird.
Für die Beurteilung von Schimmelschäden bieten wir, die Bauphysikabteilung des IBOs, Untersuchungen mittels Wärmebildaufnahmen an. Nähere Informationen dazu auf Anfrage an ibo@ibo.at. Besonders eindrucksvoll sind diese Aufnahmen natürlich bei sehr niedrigen Außenlufttemperaturen. Aber auch bei geringen Temperaturunterschieden können die Ursachen für Schimmelschäden so identifiziert und werden und geeignete Maßnahmen abgeleitet werden.