Zur Historie
Das Paracelsusbad, benannt nach einem Arzt aus dem 16.Jahrhundert, gibt es in der Salzburger Innenstadt seit 1956. Gemeinsam mit dem Kongresshaus, einem Hotel und dem Kurmittelhaus sollte es in den 50erJahren die Landeshauptstadt als Kur- und Kongress-Stadt positionieren. Im November 2016 wurde das alte Bad geschlossen, 2017 begannen die Abrissarbeiten, um Platz für den von Berger+Parkkinen Architekten geplanten Neubau mit höchsten Ansprüchen an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Zentrum der Altstadt zu schaffen. Es handelt sich dabei um das größte Einzel-Bauvorhaben der Stadt Salzburg in diesem Jahrzehnt, ein visionäres Projekt im Herzen der historischen Altstadt als wichtiges Element modernen urbanen Lebens. Die Stadt Salzburg investiert 59,5 Mio. Euro. Gerechnet wird mit 200.000 Besuchern pro Jahr, die Eröffnung ist für 2019 vorgesehen.
Die Lage: Auf historischen Wurzeln
Der moderne Neubau bietet direkt am Mirabellgarten gelegen einen Ausblick auf die Salzburger Innenstadt und in den Kurpark. Städtebaulich bildet der Bau ein Gelenk zwischen den gründerzeitlichen Blockstrukturen der Auerspergstraße, der offenen Bebauung der Schwarzstraße und dem historisch gewachsenen Mirabellgarten. Die zum Park verschwenkte Geometrie des Badehauses nimmt Bezug auf die verschwundenen barocken Bastionsmauern und den zugeschütteten Wassergraben. Als Widerhall der ehemaligen Stadtbefestigung und der bis heute erhaltenen Wasserbastei ist das Badehaus als begehbare Erweiterung des Kurgartens konzipiert.
Wer bietet mehr? Neue Erlebniswelten auf höchstem Niveau
Die Nutzfläche von 11.860 m² teilt sich in ein öffentliches Kurhaus und Geschäftsflächen in den Sockelgeschoßen, einem darüber liegenden Hallenbad, Gastronomie und – auf der obersten Ebene – die Saunawelt mit Außenpool und Terrassen.
Die Kurhausflächen im EG und OG 1 sind klar getrennt vom öffentlichen Bad. Sie umfassen neben aller erforderlicher Haustechnik Behandlungsräume, in denen u.a. Physiotherapie, Massage, Gymnastik, Unterwasser- und Elektrotherapie angeboten werden. Entlang der gesamten Parkseite sind Moorliegen angeordnet (unterbrochen von Massageräumen), im Packungsvorbereitungsraum in der Mitte wird das primär lokal gewonnene Moor aufbereitet.
Ein zentraler, breiter Aufgang führt vom westlichen Haupteingang in fortlaufender Bewegung durch die drei Sockelgeschoße und mündet in der großzügig angelegten Badeebene mit einer Gesamtbeckenfläche von 590 m². Neben einem 25 m langen Sportbecken, Sprungbecken mit zwei 1 m Sprungbrettern und einer 3 m Sprungplattform steht das Angebot für Familien im Fokus. Wasserattraktionen wie Geysir, Massageliegen, Wasserfall und vorgelagerte Liegebereiche an der Süd- und Westfassade ergänzen den Thermenerholungsbereich Das Familienbecken wird zeitweise auch als Lehrschwimmbecken genutzt werden.
Architektur im Detail
Nach oben durch die sanften, wellenartigen Formen der Dachkonstruktion begrenzt, öffnet sich die Bade-Ebene umlaufend über ein durchgehendes Band aus großformatigen, geschoßhohen Glaselementen zum beeindruckenden Panorama auf die historische Altstadt. Die unterschiedlichen Raumhöhen unterstreichen die Vielfalt der räumlichen und atmosphärischen Situationen. Zugleich wird über die Reflexionen des Lichtes in der Wellenuntersicht das Bild des Bades sicht- und erlebbar transportiert.
Während die Gastronomie im 4. OG „im Bauch der Welle“ installiert ist, nutzt die Saunawelt die Konstruktion als Plattform und ist als zurückgesetzter Bereich im Dachgeschoß angelegt. In einer einzigartigen Kombination von Uneinsehbarkeit und großem Panorama können die Gäste in Panoramasaunen, verglasten Ruheräumen und den Terrassenbereichen des Außenpools die Ausblicke auf die Stadt und die umliegenden Berge genießen. Dampfbad, Kräutersud-, Farblichtsauna, eine Kamin-Lounge und unterschiedlich thematisierte Ruhe- und Liegebereiche mit hoher Verweilqualität komplettieren das Wohlfühl-Angebot für Erholung suchende Badegäste.
Innovative Konstruktion
Aus dem Sockelbereich ragen zwei Stahlbetonkerne in die oberen Geschoße. Sie steifen einerseits die Untergeschoße aus und tragen anderseits die Lasten der über dem Bad freitragenden Obergeschoße bis zur Bodenplatte ab. Der größere der beiden Kerne trägt dabei einen Großteil der Lasten aus den Obergeschoßen sowie die Lasten einzelner Becken. Das Dachtragwerk wird als Stahlkonstruktion ausgeführt, die Dachbekleidung aus einer Legierung von Kupfer und Zinn. Die Pfosten-Riegel-Fassade ist trotz der großen Formate wie nahezu alle transparenten Flächen in 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung umgesetzt. Die Außenfassade mit markanten vorgehängten Keramiklamellen bietet neben dem reduzierten Energiedurchlassgrad der Verglasungen einen integrierten Sicht- und Blendschutz.
Effizienz auf höchstem Niveau
Neben modernster Bädertechnik ist das Energiekonzept des Projekts auf ein höchstes Maß an Effizienz und Einsatz erneuerbarer Energien ausgerichtet. So nutzt eine Wärmepumpenanlage gebäudeinterne Abwärmen bzw. den Restenergieinhalt der Fortluft aus den Lüftungsanlagen als Wärmequellen. Das Wärmeabgabe-system ist primär auf Niedertemperatur ausgelegt und wird aus der Tieftemperaturschiene des Kältemaschinenprozesses bedient. Spitzenlasten werden über die Salzburger Fernwärme bereitgestellt. Die Kältebereitstellung bedient sich ebenfalls interner Verbraucher (u.a. der Beckenwassererwärmung) als Wärmesenken. Im Kurbereich, den Büroräumen und der Gastronzone sind Kühldecken vorgesehen. Alle Lüftungsanlagen sind mit Wärmerückgewinnung ausgestattet und auf optimale Betriebsbedingungen bezüglich Raumklima- und Feuchtebedingungen ausgelegt. Neben der Reduktion der Lüftungsenthalpieverluste hat die Senkung des Energiebedarfs für den Wasserbeckenkreislauf oberste Priorität. Die komplexe Regelung der Anlagen sowie die laufende Betriebsüberwachung erfolgen über eine zentrale, BUS-basierte Gebäudeleittechnik. Auf dem Dach des Saunageschoßes wird eine Photovoltaikanlage mit rund 31 kWp errichtet.
Pilot in Sachen Nachhaltigkeit
Als erstes Hallenbad in Österreich wird das Projekt einer umfassenden Nachhaltigkeitsanalyse unterzogen. Die Planungsbewertung auf Basis der Einreichplanung ergibt ein sehr gutes Gesamtranking im ambitionierten klimaaktiv Standard. Dieser vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) lancierte Gebäudestandard steht für Energieeffizienz, ökologische Qualität, Komfort und hohe Qualitätssicherung in der Ausführung. Realisierte klimaaktiv Objekte sind – ganz im Sinne der Smart City (SC) Strategie der Stadt Salzburg – Vorreiter im Bereich Klimaschutz und umfassender Energiewende.
Insbesondere für kommunale Einrichtungen hat sich die Stadt Salzburg zu deutlich ambitionierteren Energieeffizienzzielen als zum Beispiel für den Wohnbau bekannt. Damit will die Stadtverwaltung ein sichtbares Zeichen setzen und einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Gesamtziele der Smart City Strategie 2030 beitragen.
Infobox Paracelsusbad Salzburg
Bauherr: Stadtgemeinde Salzburg
KKTB Kongreß, Kurhaus & Tourismusbetriebe der Stadt Salzburg
Bauherrenvertretung: Stadt Salzburg Immobilien GmbH
Betreiber: Tourismus Salzburg GmbH (TSG)
Begleitende Kontrolle: Ingenos.Gobiet.GmbH, Wien
Projektmanagement: Arge PMS Paracelsusbad Salzburg, Integral Ziviltechniker Gmbh, Graz / Wendl ZT GmbH Consulting Civil Engineers, Graz
Örtliche Bauaufsicht: Arge PM1 + RVP, pm1 projektmanagement, Salzburg / RUDOLF & VIER PARTNER GMBH, Graz
Generalplaner: Berger + Parkkinen Architekten ZT GmbH, Wien
Konsulenten
Landschaftsarchitektur: idealice, Wien
Statik: BauCon ZT GmbH, Zell am See
TGA/Elektrotechnik:Technisches Büro Herbst GmbH, Salzburg
Bauphysik: Ingenieurbüro Rothbacher GmbH, Zell am See
Brandschutz: IBS-Technisches Büro GmbH, Linz
Fassadenkonsulent: MDE metal design engineering gmbh, Vöcklabruck
Bäderplanung: sv.pf engineering GmbH, Leoben
klimaaktiv / Produktmanagement: IBO GmbH, Wien
Gebäudedaten
Bruttogeschoßfläche oberirdisch: 10.973 m2
Nutzfläche oberirdisch: 8.874 m2
Nutzfläche unterirdisch: 3.007 m2
Bebaute Fläche: 2.120 m2
PKW-Stellplätze: 71
Grundstücksgröße: 5.072 m2
Baubeginn: 2017
Fertigstellung: 2019