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PEAR
Energieeffiziente Automation und Regelung von Gebäuden

PEAR vergleicht nicht Äpfel mit Birnen, sondern ist ein Prüfstand für energieeffiziente Automation und Regelung von Gebäuden. Damit können Soll- und Istzustände großer Gebäude mit komplexer Haustechnik verglichen und einfacher optimiert werden. Ein Stadt der Zukunft Forschungsprojekt von AIT, teamgmi, Post, BPS und IBO am Beispiel Post am Rochus.

BauphysikGebäudesimulation

Große Bürogebäude sollen natürlich energieeffizient sein, will der Betreiber doch möglichst geringe Betriebskosten. Gleichzeitig sollen sie für die NutzerInnen möglichst be-haglich sein, denn dann gibt es nachweislich Effizienzsteigerungen auch bei der weit kostenintensiveren Arbeitszeit. Beim Einsatz von verschiedenen Energiequellen (Umweltenergie, Geothermie, erneuerbare Energien, fossile Energie) für Heizung, Kühlung und Lüftung in verschiedenen Jahreszeiten und Betriebszuständen ist neben einer hochwertigen Planung die Regelungstechnik das Um und Auf für das einwandfreie Funktionieren der Anlagen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts PEAR wurden energieeffiziente gebäudetechnische Systeme untersucht, evaluiert und hinsichtlich ihrer Regelstrategien mit dem Hauptziel einer Verkürzung der Inbetriebnahme Phase optimiert, sowie einem durchgängig energieoptimierten Betrieb und, da die Akzeptanz neuer Technologien maßgeblich von der Nutzerzufriedenheit abhängt, einer hohen Behaglichkeit.
So wurden essentielle Erkenntnisse und Projektierungsgrundlagen für einen energieoptimierten Gebäudebetrieb gewonnen. Einerseits wird die Anwendbarkeit der entwickelten Konzepte am Testgebäude „Post am Rochus“ demonstriert und anderseits ist durch den generischen Ansatz eine Übertragbarkeit der Untersuchungsergebnisse auf weitere Gebäude gegeben.
Gebäudetechnische Anlagen werden im Normalfall nach dem Stand der Technik nach ihrer maximal auftretenden Leistung für Heizung, Kühlung und Belüftung ausgelegt und hydraulisch dimensioniert. Diese Spitzenlasten treten aber nur zu sehr wenigen Stunden im Jahr auf, womit die Anlagen zum Großteil des Jahres im sogenannten „Teillastbetrieb“ laufen. Wählt man einen innovativeren Ansatz in der Planung, wird zusätzlich eine dynamische Gebäudesimulation zur genaueren Analyse der auftretenden Leistungen durchgeführt. Wie gut gebäudetechnische Anlagen auf komplexe Systeme und unterschiedliche Betriebsfälle reagieren hängt stark vom Know-how des Planungsteams ab, da eine flexible hydraulische Verschaltung im Zusammenspiel mit den zur Verfügung stehenden Energiequellen (Umweltenergie, Geothermie, erneuerbare Energien, fossile Energie) eine wichtige Rolle spielen.
Die Entwicklung dieser intelligenten Regelstrategien in der Inbetriebnahme war Gegenstand des Projekts, wobei besonderes Augenmerk auf die Raumlufttechnik, FreeCooling und Betonkernaktivierung gelegt wurde.
Je mehr Betriebszustände mit einer Anlage bewältigt werden können, umso eher kann auf unterschiedliche Teillastzustände effizient reagiert werden. Diese Vielzahl an möglichen Betriebszuständen verlangt intelligente Regelstrategien, die festlegen, wann welche Betriebszustände in der gebäudetechnischen Anlage abgerufen werden sollen.
 
Basierend darauf wurden je nach Technologie unterschiedliche Betriebsfälle definiert und anschließend mittels thermischer Simulation berechnet und energetisch bewertet. Die Abbildung 2 zeigt bespielhaft neun unterschiedliche Betriebsfälle, die mithilfe dynamischer Simulation bewertet wurden. Die Betriebsfälle wurden in eine Parameterstudie übergeführt, d.h. jeder Betriebsfall wurde mit unterschiedlichen Parametern und Regelstrategien modelliert und im Anschluss bewertet.
Aufbauend auf den energetischen Bewertungen konnten, gemeinsam mit der MSR ausführenden Firma, Funktionsbeschreibungen und Regelungsparameter für die Implementierung für das Gebäude Post am Rochus abgeleitet werden. Teilmodelle des in der Abbildung gezeigten Modells werden für die nachstehenden qualitätssichernden Maßnahmen des HIL Ansatzes wiederverwendet.
Parallel zur Parameterstudie und Regelstrategieableitung erfolgte eine qualitätssichernde Maßnahme durch die HIL Methode, d.h. die Kopplung eines realen Reglers mit einem physikalischen Modell in der Simulationsumgebung Building Control Virtual Test Bed (BCVTB).
Die Abbildung 4 zeigt beispielhaft eine Auswertung, die im Rahmen der HIL Überprüfung entstand. Dabei wurde die korrekte Funktion eines Lüftungsreglers im Winterfall untersucht. Ziel ist es, dass die Zielgrößen 40 % relative Feuchte der Abluft und 20 °C in der Zuluft erreicht werden. Fehler durch falsche Ventilstellungen würden somit noch vor realer Inbetriebnahme erkannt werden. Im Zuge der qualitätssichernden Maßnahmen im PEAR Projekt konnte ein kleiner Programmierfehler z.B. das nicht Öffnen des Nachheizregisterventils im Sommerfall, gleichzeitiges Heizen und Kühlen bei der Betonkernaktivierung, erkannt und behoben werden. Dieser Fehler hätte sich in Form von zu geringen Zuluft-Temperaturen und dem damit einhergehenden Komfort- und Effizienzverlust geäußert. Dies wäre erst nach Übergabe des Objektes schlagend geworden. Die Fehlerbehebung hätte dann einen höheren Aufwand (zeitlich und finanziell) verursacht.
Mithilfe der Monitoring-Daten konnten die Raumtemperaturen der Büroräume mit aktivierter Betondecke in diversen Teilbereichen analysiert werden. Die Abbildungen 5a–c zeigen die Ergebnisse der Auswertung fünf exemplarischer Regelungszonen (HK-T-011 bis 015) von Büroräumen des 4. Obergeschosses Neubau. Links, die Häufigkeitsverteilung der Raumtemperatur dargestellt, rechts, der dynamische Verlauf der Raumtemperatur von Mitte Dezember 2017 bis Anfang September 2018. Bis auf einige Ausreißer bzw. Zeiträume, liegen die Werte im normkonformen (EN ISO 7730, Kategorie B, Raumtemperatur, Sommerfall: 24,5 °C ± 1,5 °C, Winterfall: 22,0 °C ± 2 °C) behaglichen Bereich.
Der durchgängige Informationsfluss hinsichtlich der Regelungskonzepte von der Planungsphase bis hin zur Errichtungsphase stellt ein wesentliches Projektergebnis dar. Gewährleistet werden konnte dieses durch Expertenworkshops und eine gemeinsame Erarbeitung von Regelstrategien. Durch die Simulation dieser Regelstrategien konnten wertvolle Inputs für das Engineering der Regelungstechnik Firma erarbeitet werden. Insbesondere bei komplexen haustechnischen Anlagen kann durch Simulation von Regelstrategien im Vorfeld ein effizienter Betrieb schon von Beginn an erreicht werden.
Ein zentrales Ziel des Forschungsprojektes war die Verkürzung der Inbetriebnahme Phase der untersuchten Technologien. Aus Sicht der hier beteiligten Partner ist dieses Ziel von folgenden vier Faktoren abhängig:

  • funktionale Qualitätssicherung Einzelkomponentenebene
  • korrekte hydraulische Einregulierung HKLS Anlagenteile
  • für Inbetriebnahme relevante Dokumentationsunterlagen zur Verfügung stellen (Vorabzug Version der endgültigen Dokumentation)
  • geeignete Regelstrategien auf Systemebene

Eine weitere wertvolle Erkenntnis aus dem Prozess ist, dass ein reduzierter Probebetrieb nur auf die Überprüfung von Basisfunktionen – ohne die wesentlichen Betriebszustände der Anlage zu prüfen – zu erheblichem Mehraufwand im Betrieb führt.
Herausgestellt hat sich, dass die Vorabüberprüfung der Regelung eine universelle Methode ist, die auf unterschiedliche Anlageteile angewendet werden kann. Die Ergebnisse von PEAR sind insbesondere für Bauherren, die qualitätsbegleitende Maßnahmen im Bauprozess anwenden wollen, interessant.

Gefördert durch das BMVIT im Programm Stadt der Zukunft

© Enzberg
Abb. 1: Schematische Darstellung des HKLS Anlagenmodells der Post am Rochus in der Simulationsumgebung TRNSYS. © AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Abb. 2: Schematische Darstellung 9 unterschiedlicher Betriebsfälle der verbauten HLK Anlage im Demonstrationsgebäude Post am Rochus. © AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Abb. 3: Darstellung HIL Umgebung (Simulationsmodell mit realer Hardware). © AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Abb. 4: Ergebnis HIL Kopplung (Regler mit einem TRNSYS Simulationsmodell), zeitlicher Verlauf unterschiedlicher Messgrößen unter anderem die Zielgrößen Abluftfeucht (grün), Zulufttemperatur (rot). © AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Abb. 5a: Temperaturverteilung der Bürozonen Neubau 4. Obergeschoss. © IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH
Abb. 5b: Dynamischer Verlauf der Raumtemperatur der Bürozonen Neubau 4. Obergeschoss (Dez 2017, Aug 2018). © IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH
Abb. 5c: Zusammenstellung min. max. Raumtemperatur. © IBO – Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH