Für die Bauwirtschaft bedeutet Kreislaufwirtschaft auch vermehrt Bauprodukte, vor allem aber Bauteile wiederzuverwenden. Im Projekt BuildReUse wurden dazu Grundlagen für den Bau und Rückbau von Gebäuden mit kurzen Nutzungszyklen (bspw. Supermärkte oder Interimsgebäude im Gesundheitsbereich) mit speziellem Fokus auf die Wiederverwendung von Bauteilen entwickelt. Ausgewählte, bereits durchgeführte Bauvorhaben wurden auf ihr Re-Use-Potenzial analysiert und Best Practices der Wiederverwendung im Bau gesammelt,. Darüber hinaus ist die branchenübergreifende Zusammenarbeit für die Kreislaufwirtschaft unbedingt notwendig. Zukunftsweisende Prozesse und Geschäftsmodelle wurden in unzähligen Gesprächen und Workshops aus verschiedensten Perspektiven beleuchtet und zeigten uns Wege, die technischen und normativen, legislativen Hürden zu bewältigen.
Welche Grundprinzipien anzuwenden sind, wurde für die Gegenwart, wenn Bestandsgebäude rückgebaut werden und für die Zukunft, wenn Gebäude rückbaufähig gebaut werden sollen, erhoben (siehe Abbildung 1).
Zur Veranschaulichung wurden 3 Leitfäden entwickelt:
Re-Use Potenziale identifizieren
In Bestandsgebäuden schlummern Werte, doch sie müssen erkannt und gehoben werden. Für den Rückbau des Bestandes in der Gegenwart wurden von Baukarussell für in BuildReUse erfasste Gebäude ausführliche Potenzialanalysen durchgeführt.
Elemente wie etwa Handläufe oder Gründachsubstrate, aber auch Zäune und Kabelkanäle, zeichnen sich durch relativ einfache und vor allem zerstörungsfreie Demontagemöglichkeiten aus. Diese zentrale Eigenschaft kann bei heutigen Bauvorhaben deutlich besser berücksichtigt werden, wenn der Wille dazu besteht.
Zerstörungsfrei rückbaubare Materialgruppen eines konkreten Gebäudes können mit der BuildReUse-Bewertungsmethodik genauer auf ihre Re-Use-Eignung überprüft werden. Das Ergebnis bildet das tatsächliche, nachweisbare ReUse Potenzial in Zielgebäuden (Pre-Use) bzw. im Quellgebäude (Post-Use) ab. Damit kann der tatsächliche Re-Use-Prozentsatz als Add-On zu den bereits entwickelten Gebäude-Zirkularitätsbewertungen (Pre-/Post-Consumer: BNB, DGNB, UMI, MCI; PreUse: LCA, M-/V-%) angerechnet werden (siehe Abbildung 2). Mehr zur BuildReUse-Bewertungsmethodik siehe https://www.ibo.at/wissensverbreitung/ibomagazin-online/ibo-magazin-artikel/data/build-re-use-11.
Neue Lösungen finden
Im Rahmen des Projekts BuildReUse wurden Barrieren und potenzielle Lösungen für die Etablierung der Wiederverwendung entlang der gesamten Prozesskette von Bauvorhaben analysiert. Durch koordinierte Anstrengungen aller Beteiligten können Barrieren überwunden und eine nachhaltigere Bauwirtschaft erreicht werden. Zu den Handlungsspielräumen aus verschiedenen Perspektiven lesen Sie den Leitfaden "Bauteile rückgewinnen".
Auch Planung und Umsetzung von wiederverwendbaren Konstruktionen sind mit vielfältigen Barrieren konfrontiert und noch lange keine Routine. Planung und Umsetzung erfordern eine andere Herangehensweise als derzeit üblich. Gerade wenn Bauten nur für kurze Zeit genutzt werden, sind die darin verbauten Teile in vielen Fällen noch nicht am Ende ihrer technischen Lebensdauer. Doch nur wenn Re-Use-fähige Konstruktionen verwendet wurden, besteht eine Chance auf einen zweiten oder dritten Nutzungszyklus. Besonders wichtig ist die Reversibilität der Verbindungen von Einzelkomponenten oder Bauteilschichten.
Im Handbuch „Konstruktionen planen“finden sich neben einem geschichtlichen Abriss praktische Ansätze zu Re-Use-fähigen Konstruktionen. Theoretische Ansätze für wiederverwendbare Konstruktionen inspirieren zu eigenen Ideen, Produktbeispiele, die bereits am Markt erhältlich sind, zeigen Optionen für maßgebliche Bauteile wie Außenwand und Decke.
Neue Prozesse und Geschäftsmodelle erproben
Eingespielte, lange bewährte Prozesse, Kooperationen und Geschäftsmodelle müssen für die Kreislaufwirtschaft anders gestaltet werden. Hier sind vor allem Produkthersteller gefordert - es gibt durchaus schon erfolgreiche Beispiele für Loop-Produkte. Aber auch andere Akteure, beispielsweise Prüfinstitute und ausführende Unternehmen müssen neue Rollen übernehmen.
Im Leitfaden "Zusammenarbeiten in der Kreislauf-Bauwirtschaft" wird aufgezeigt:
- Wie Produkthersteller für die Kreislaufwirtschaft im Bau ihre Geschäftsmodelle anpassen können
- Welche weiteren Geschäftsmodelle in der Kreislauf-Bauwirtschaft erfolgreich sind und noch benötigt werden
- Wie Bauherr:innen im Projektplanung Kreislaufwirtschaft unterstützen
- Wie Bauherr:innen in Zieldefinition, Ausschreibung und bei den Zuschlagskriterien Grundlagen für die Kreislauf-Bauwirtschaft schaffen
1) Hinweis zu Abbildung 2: Vorbereitungsmaßnahmen zur Wiederverwendung (wie Prüfung, Reparatur, ggf. sogar weiterführende Aufbereitungsschritte) können für bestimmte Produktgruppen notwendig sein, müssen aber nicht zwingend erforderlich werden (in Einzelfällen ist Re-Use ohne weitere Maßnahmen möglich). Daher ist dieses Kriterium nur eine Kann-Bestimmung (in hellblau). Zerstörungsfreie Prüfmethoden sind in Bezug auf eine hohe Wiedergewinnungsquote von rückgebauten Baustoffen und -elementen wesentlich und bestimmen letztlich auch die Wirtschaftlichkeit von Wiederverwendung. Bei ggf. (teil)zerstörenden Prüfungen ist mit reduzierten Materialmengen zu rechnen, in Abhängigkeit wie viele Elemente für repräsentative Prüfungen herangezogen werden müssen.