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Luftdichtheit von Gebäuden und Bauteilen in Holzbauweise – Teil 1
Grundlagen der Luftdichtheit

Gebäude in Holzbauweise haben ein großes Potenzial für die Speicherung von Treibhausgasen und sind deshalb von wesentlicher Bedeutung für die Erreichung der Klimaziele. Um das Risiko von Bauschäden zu minimieren und einen energieeffizienten Gebäudebetrieb zu ermöglichen, kommt der Luftdichtheit der Gebäudehülle bei der Holzbauweise eine besondere Bedeutung zu.

BauphysikFeuchte und Schimmelpilzschäden

Die Notwendigkeit einer luftdichten Ebene

Gebäude in Holzbauweise können nachweislich lange Lebensdauern erreichen [1], wobei Feuchtigkeit die Hauptursache für gravierende Bauschäden darstellt [2]. Eine qualitativ hochwertige thermische Gebäudehülle muss deshalb einen ausreichenden Schutz vor Feuchtigkeitsschäden bieten. Eine korrekt dimensionierte Dampfbremse an der Innenseite der Dämmung dient der Begrenzung von Wasserdampfdiffusion in die Konstruktion der Gebäudehülle. Damit eine Dampfbremse als solche wirken kann, muss sie luftdicht ausgeführt sein. Eine funktionierende Dampfbremse ist also immer luftdicht, umgekehrt sind luftdichte Materialien nicht immer ausreichend dampfdicht. Im Holzbau übernehmen die Luftdichtheitsschichten oft ebenfalls die Funktion der Dampfbremse. [3]

Undichtheiten der luftdichten Ebene führen zum konvektiven Eindringen punktuell großer Mengen feuchter, warmer Raumluft in die Konstruktion. Durch Konvektion kann ein wesentlich größerer Feuchteeintrag erfolgen als durch Diffusion. [4] Die überwiegende Zahl von Feuchteschäden in Holzgebäuden wird durch konvektive Feuchteeinträge verursacht. [2] Leckagen in der luftdichten Ebene von Bauteilen treten häufig bei Durchdringungen für Installationen, Balkendurchdringungen, Fenstereinbauten und Bauteilanschlüssen auf. Bei Erhebungen wurden in jedem zweiten Gebäude in allen diesen Bereichen Leckagen festgestellt, diese unterschieden sich jedoch hinsichtlich Größe und Schadenspotenzial. [5]

Die Luftdichtheit in Normen und Richtlinien

Zur Vermeidung von Schäden durch Wasserdampfdiffusion und -konvektion gibt die ÖNORM B 8110-2 qualifizierte Empfehlungen für die bauphysikalische Planung von Gebäuden. Genau wie die OIB-Richtlinie 6 besagt sie, dass die Gebäudehülle luft- und winddicht ausgeführt werden muss. Dies überrascht insofern nicht, als dass Betrachtungen des Feuchteeintrags in eine Konstruktion anhand von sd-Werten einzelner Schichten wenig Aussagekraft haben, wenn ebendiese Schichten eine mangelhafte Luftdichtheit aufweisen. Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen an die Luft- und Winddichtheit von Holzhäusern und Holzfertighäusern bietet deshalb die 2020 veröffentlichte ÖNORM B 2340 an. Neben Grundlagen der Planung und Ausführung werden mögliche Materialien der luftdichten Ebene sowie Ausführungsbeispiele angeführt.

Einen gebäudespezifischen Grenzwert für die Luftwechselrate und damit die Luftdurchlässigkeit von Gebäuden liefert die OIB-Richtlinie 6 in Form des n50-Werts. Der n50-Wert ist das Verhältnis zwischen dem Leckagestrom bei 50 Pa Druckdifferenz (V̇50) in einer Stunde und dem Netto-Innenvolumen des Gebäudes (Vn) und kann mithilfe einer Luftdurchlässigkeitsmessung gemäß ÖNORM B 9972 (Blower-Door) ermittelt werden. Die ÖNORM B 2340 hält hierzu fest, dass auch beim Einhalten der Grenzwerte der Luftwechselrate n50 daraus nicht ohne weiteres auf die Qualität der luftdichten Ebene geschlossen werden kann. Eine Bewertung der einzelnen Leckagen ist erforderlich, um Aussagen über das Schadensrisiko treffen zu können. Weiters sind Leckagen nicht automatisch schädlich, was eine differenzierte Betrachtung erfordert. Auch wenn der n50-Wert hinsichtlich des Schadensrisikos nur eine sehr grobe Einschätzung ermöglicht, ist für die Reduktion des Heizwärmebedarfes und die Sicherstellung des effizienten Betriebes etwaiger Lüftungsanlagen ein möglichst geringer Wert anzustreben.

Die Luftdichtheit von Bauteilen

Neben der qualitativen Beschreibung von Leckagen im Zuge einer Leckagensuche sind auch quantitative Messungen möglich. Neben einer bisher nicht standardisierten In-situ-Messung [6] kann die Luftdurchlässigkeit von Konstruktionsausschnitten im Prüflabor gemäß ÖNORM EN 12114 ermittelt werden. Obwohl Prüfungen nach dieser Norm in Österreich bei üblichen Bauweisen nicht vorgesehen sind, können sie dennoch für die Optimierung von Einzelbauteilanschlüssen und Konstruktionen im Labor verwendet werden. In gängigen Normen gibt es keine Aussagen darüber, bis zu welcher Luftdurchlässigkeit ein Bauteilausschnitt oder ein Material als luftdicht betrachtet werden kann. Aus bestehenden Anforderungen an Gebäude oder Gebäudeabschnitte können jedoch Anforderungen abgeleitet werden, die eine Beurteilung von Messergebnissen ermöglichen. Der hierfür genutzte q50-Wert wurde eigentlich eingeführt, weil der n50-Wert bei größeren Gebäudegrundflächen nur mehr sehr wenig über die Qualität einer Gebäudehülle aussagt. Der q50-Wert bildet den bei einer Luftdurchlässigkeitsmessung nach ÖNORM B 9972 gemessenen Leckagestrom nicht in Bezug zur Grundfläche, sondern in Bezug zur Hüllfläche eines Gebäudes ab. In Deutschland legt die DIN 4108-7 hiermit Grenzwerte für Gebäude mit einem Volumen über 1.500 m3 fest. In Österreich wird der q50-Wert nicht angewendet.

Für die Beurteilung von Bauteilen wird von Zeller [7] ein maximaler q50-Wert von ≤ 0,10 m3/(m2·h) vorgeschlagen, um ein großes Sicherheitspotenzial für unvermeidliche Restleckagen zu garantieren. Unterschiedliche Anforderungen verschiedener Bauteiltypen werden bei diesem vorgeschlagenen maximalen q50-Wert nicht berücksichtigt. Da fehlertolerante Konstruktionen mit diffusionsoffenen Aufbauten ein hohes Rücktrocknungspotenzial haben, stellen sie theoretisch niedrigere Anforderungen an die Luftdichtheit der Gebäudehülle als beispielsweise ein Warmdach mit innenliegender Dampfsperre. Als fehlertolerant werden beispielsweise ökologische Konstruktionen wie lehmverputzte Strohballengebäude angesehen. Ob und wie Lehmputz bei dieser Konstruktionsweise die luftdichte Ebene bilden kann, wird im zweiten Beitrag behandelt.

Erstquelle dieses Beitrags: Pichler, Paul: Herstellung einer luftdichten Ebene mit Lehmputz und Lehmvlies im Strohbau. [Masterarbeit] BOKU, 2024.

Teil 2 wird im nächsten IBO Newsletter erscheinen.
 

[1] Rug, Wolfgang; Held, Heidrun: Lebensdauer von Holzhäusern - eine Untersuchung zur Lebensdauer von im Zeitraum zwischen 1870 und 1945 errichteten Holzhäusern. 2001 Online im Internet: URL: informationsdienst-holz.de/fileadmin/forschung_wissenschaft/0217600495.pdf.

[2] Colling, François: Analyse und Bewertung von Schäden bei Holzkonstruktionen. Bau- und Wohnforschung F. - Stuttgart: Fraunhofer-IRB-Verl, 1999.

[3] Feist, Wolfgang: Grundlagenwissen Luftdichtheit und Luftdichtheitsmessung. passipedia. 2022 Online im Internet: URL: passipedia.de/planung/luftdichtheit/grundprinzipien, Zugegriffen am: 21 Jän. 2024.

[4] DBZ: Messung: Institut für Bauphysik, Stuttgart. DBZ, (12/89). 1989.

[5] Hall, M.; Köhnke, EU.; Hauser, G.: Konstruktionskatalog und Empfehlungen zur Verbesserung der Luftdichtheit im Holzbau. Universität Kassel, 2001.

[6] Hall, M.; Hauser, G.: In situ Quantifizierung von Leckagen bei Gebäuden in Holzbauart. - Kassel: Universität Kassel, 2003.

[7] Zeller, Joachim: Luftdichtheitsanforderungen an Materialien – Wie dicht müssen Bauprodukte sein, die die Luftdichtheit herstellen sollen? [online] 7th International BUILDAIR-Symposium. - Stuttgart, 2012 Online im Internet: URL: https://www.aivc.org/sites/default/files/Zeller_BUILDAIR2012_dt.pdf.

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© Paul Pichler